Der siebte Turm 04 - Jenseits der Grenze by Garth Nix

Der siebte Turm 04 - Jenseits der Grenze by Garth Nix

Autor:Garth Nix [Nix, Garth]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2013-02-21T23:00:00+00:00


KAPITEL SIEBZEHN

Der Perawl schrie noch einmal und hob mit seinen Opfern in den Klauen ab. Unglücklicherweise hatte Odris sich selbst ziemlich fest gemacht, um Milla halten zu können, sodass die große, ledrige Kreatur ihr Schattenfleisch gut packen konnte.

„Au!“, schrie Odris. „Au! Au! Au!“

Der Perawl konnte ihr keinen ernsthaften Schaden zufügen, doch seine großen Klauen schnitten in ihre Haut ein und das tat weh.

„Lass mich fallen!“, rief Milla. „Lass mich sofort fallen!“

Sie befanden sich noch immer oberhalb der Straße, doch der Perawl konnte jeden Augenblick in die Ferne abdrehen.

Odris gehorchte, aber leider einen Sekundenbruchteil zu spät. Milla sah den Abgrund in der Straße unter sich, die tiefe Spalte, über die sie schon einmal gesprungen war. Sie streckte verzweifelt die Hände aus und schaffte es, sich am kleinen Finger von Odris Hand noch einmal festzuhalten.

Der Finger wurde länger und länger und dehnte sich zu einem langen Seil aus Dunkelheit, an dem Milla unter ihrem Geistschatten hing. Der Perawl schlug mit seinen gewaltigen Schwingen und trug Odris noch höher hinauf.

Milla konzentrierte sich auf ihren Sonnenstein. Sie ließ ihn so schnell sie konnte heller werden. Gleichzeitig stieß sie einen hohen und lauten Schrei aus. Perawls vertrugen kein sehr helles Licht und auch keine lauten, hohen Geräusche. Sie sahen und hörten überhaupt nicht wie normale Kreaturen.

Das Tier gab ein überraschtes Quäken von sich und versuchte loszulassen. Doch seine Fänge waren nun fest in Odris eingegraben und der Geistschatten konnte sich nicht noch weiter auflösen, ohne dass sich auch der Seil-Finger auflöste.

Milla fiel. Der Finger ihres Geistschattens wurde dünner und dünner bis er sich durch Millas Handschuh schnitt und sie mit einem letzten Schwung loslassen musste.

Odris machte sich sofort dünner und entglitt den Klauen des Perawls wie Wasser. Doch sie war zu hoch über Milla. Sie sah nur noch ein fallendes Licht, das bald verschwand.

Ohne das Licht wurde Odris sofort schwächer. Sie fiel nach unten und hatte keine Kraft mehr, um zu fliegen. Stattdessen stürzte sie in Form eines undefinierbaren schwarzen Klumpens senkrecht nach unten in die Dunkelheit.

Milla verfehlte den Abgrund in der Straße um ein paar Spannen, doch der Aufschlag war hart. Sie versuchte sofort, sich aufzurichten, war jedoch völlig entkräftet und schaffte es nur bis auf die Knie. In der Ferne hörte sie den Perawl schreien, ein Zeichen von Odris sah sie nicht.

Und doch fühlte sie ihren Geistschatten. Die Bindung zwischen ihnen war stark. Milla konzentrierte sich darauf, wieder zu Atem zu kommen und versuchte, sich auf die Richtung einzustellen, aus der das Gefühl kam.

Es kam in Wellen – ein furchtbares Gefühl, so als würde jemand sie wie ein Wäschestück auswringen, begleitet von Schwäche und Übelkeit. Milla drehte sich im Kreis, um die Richtung genauer einordnen zu können. Nach ein paar Umdrehungen bemerkte sie, dass Odris etwas weiter weg an der Straße sein musste – ziemlich weit weg.

Milla hatte das Gefühl, als schaffte es der Geistschatten nicht mehr lange ohne Licht. Es ging ihr schon jetzt schlecht, was Milla am Schwinden ihrer eigenen Kräfte ablesen konnte.

Das Eiscarl-Mädchen zwang sich dazu, sich ganz aufzurichten. Der Geruch des Ghalt, des geschmolzenen Steins, aus dem die Straße gebaut war, war überaus stark.



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